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Konzernprivileg bei der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verpflichtet juristische Personen des privaten wie öffentlichen Sektors, eine interne Meldestelle für Meldungen über Verstöße einzurichten.


Mehr Details finden Sie in unserem Blog-Beitrag zu den Regelungen des HinSchG im Überblick. Allerdings werden Konzernunternehmen privilegiert, denn Konzernunternehmen müssen nicht bei jedem einzelnen Konzernunternehmen eine Meldestelle einrichten, sondern können eine zentrale Meldestelle bei einem Konzernunternehmen ansiedeln. Dies dürfte jedoch grundsätzlich nur bei rein innerdeutschen Konzernen gelten.





Gemeinsame Meldestelle bei verschiedenen Unternehmen


§ 12 HinSchG verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, eine eigene interne Meldestelle einzurichten. Allerdings können mehrere private Beschäftigungsgeber mit bis zu 249 Beschäftigten für die Entgegennahme von Meldungen und für die weiteren Untersuchungen eine gemeinsame Stelle einrichten, um Ressourcen zu sparen. Denn nach § 14 HinSchG können „Dritte“ mit der Aufgabe einer internen Meldestelle beauftragt werden. Eine solche gemeinsame Meldestelle gilt als „Dritter“ im Sinne des § 14 HinSchG. Allerdings verbleibt es hinsichtlich der Verantwortung für den ordnungsgemäßen Umgang mit einem eingegangenen Hinweis bei dem jeweils betroffenen Unternehmen.


Gemeinsame Meldestelle auch für Konzerne möglich?


Zur Möglichkeit der Nutzung einer gemeinsamen bzw. zentralen Meldestelle in Konzernen – unabhängig von der Beschäftigtenzahl – enthält das HinSchG allerdings keine ausdrückliche Regelung. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. Gesetzesentwurf zum HinSchG, BT-Drucksache 20/3442 S. 79) ist es jedoch im Sinne von § 14 HinSchG möglich, im Konzern z.B. bei einer Mutter-, Schwester- oder Tochtergesellschaft eine zentrale Meldestelle einzurichten.



Zentrale Meldestelle auf Konzernebene


Diese zentrale Meldestelle gilt dann als von dem jeweiligen – bzw. den übrigen – Konzernunternehmen beauftragter „Dritter“. In international aufgestellten Konzernen ist mit Blick auf etwaige Umsetzungsunterschiede jedenfalls das nationale Hinweisgeberschutzgesetz des jeweiligen Staates zu beachten, zumal die EU-Kommission die Whistleblowing-Richtlinie anders auslegt (s. nachfolgend unter „Widerspruch zur Hinweisgeberrichtlinie“).



Kein Übergang der Verantwortung auf Dritte


Allerdings ist Voraussetzung, dass die originäre Verantwortung, einen festgestellten Verstoß zu beheben und weiterzuverfolgen, immer bei dem jeweiligen den „Dritten“ beauftragenden Konzernunternehmen verbleibt.


Problematik des Konzernprivilegs mit der Verantwortung


Es ist jedoch fraglich, ob es überhaupt möglich ist bzw. durch welche Maßnahmen gewährleistet werden kann, dass die Verantwortung auch tatsächlich bei dem den „Dritten“ beauftragenden Konzernunternehmen verbleibt. Denn die Expertise, zuständiges Personal und die technische Einrichtung der Meldestelle zur Durchführung der internen Ermittlungen dürften regelmäßig bei der zentralen Meldestelle liegen, wohingegen die Verantwortung und die Umsetzung der Folgemaßnahmen beim jeweiligen den „Dritten“ beauftragenden Konzernunternehmen verbleibt. Zudem könnte in Fällen eines konzernübergreifenden Verstoßes bei einer Berichterstattung an die Konzernleitung die Wahrung der Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person gefährdet sein.


Enge Abstimmung mit Dritten erforderlich


Notwendig ist daher eine enge Abstimmung zwischen dem den „Dritten“ beauftragenden Konzernunternehmen und dem beauftragten Dritten, z.B. hinsichtlich des „Wie“ interner Untersuchungen und Folgemaßnahmen.


Widerspruch zur Hinweisgeberrichtlinie


Das Konzernprivileg kommt überraschend, da der deutsche Gesetzgeber hier von der Auslegung der Hinweisgeberrichtlinie (RL (EU) 2019/1937) durch die EU-Kommission abweicht. Die EU-Kommission hatte in zwei Stellungnahmen (vgl. Stellungnahme/Auslegungshinweise der Europäischen Kommission vom 2. Juni 2021 und 29. Juni 2021 auf Anfrage mehrerer Großkonzerne) eine Anerkennung konzernangehöriger Gesellschaften als „Dritte“ ausdrücklich abgelehnt. Aufgrund dieses Widerspruchs ist das Konzernprivileg mit Vorsicht zu genießen und Konzernen zu raten, die Einrichtung und Nutzung zentraler Konzernmeldestellen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Zudem ist fraglich, ob das deutsche Konzernprivileg vor dem EuGH standhalten würde.UPDATE: Auch nach dem finalen Gesetzgebungsstand hält das HinSchG weiterhin am Konzernprivileg fest.Weitere Beiträge zum Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie in unserem Blog. 

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