Hinweisgeberschutz in Österreich – Deutschland wird abgehängt

Österreich überholt Deutschland beim Hinweisgeberschutz

Nachdem der Deutsche Bundestag am 16. Dezember 2022 das intensiv vorbereitete Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beschlossen hat, musste vor der Verkündung und dem Inkrafttreten des Gesetzes nur noch der Bundesrat zustimmen. Seine Zustimmung versagte der Bundesrat allerdings in seiner Sitzung am 10. Februar 2023. Folge ist, dass hinweisgebende Personen in Deutschland weiterhin schutzlos gestellt sind. Denn das HinSchG soll – in Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie (RL (EU) 2019/1937) – Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit beobachtete Verstöße melden, schützen.

UPDATE: Nach der Ausfertigung des Hinweisgeberschutzgesetzes durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt am 02. Juni 2023 tritt das intensiv vorbereitete deutsche Hinweisgeberschutzgesetz nun endlich am 02. Juli 2023 in Kraft.

Mitgliedstaaten in Verzug bei der Umsetzung der Hinweisgeberschutzrichtlinie


Die EU-Mitgliedsstaaten hatten bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, die Richtlinie in nationale Gesetze umzusetzen. Österreich war, wie auch Deutschland und einige andere EU-Mitgliedsstaaten, mit der Umsetzung in Verzug, weswegen die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte.

Österreich überholt Deutschland beim Hinweisgeberschutz


Im Gegensatz zu Deutschland hat der Nationalrat in Österreich das „Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen“ (Ö-HinSchG) nun am 01. Februar 2023 endlich beschlossen. Auch der österreichische Bundesrat winkte das Ö-HinSchG in seiner Sitzung am 16. Februar 2023 durch. Das Ö-HinSchG tritt einen Tag nach der Verkündung im österreichischen Bundesgesetzblatt in Kraft. Erwartet wird, dass das Ö-HinSchG spätestens Ende März in Kraft tritt. Zudem gilt ab dem Inkrafttreten eine 6-monatige Schonfrist für die Einrichtung interner sowie externer Meldestellen.

Sachlicher Anwendungsbereich des österreichische Hinweisgeberschutzes


Das österreichische Bundesgesetz sieht im Gegensatz zum aktuellen Gesetzgebungsstand in Deutschland vor, dass Hinweise ausschließlich über Verstöße gegen Unionsrecht und nationales Korruptionsstrafrecht abgegeben werden dürfen. Nicht erfasste Bereiche sind z.B. auch Verstöße gegen ausschließlich nationale gewerberechtliche Vorschriften und – mit Ausnahme des Korruptionsstrafrechts – das nationale Strafrecht. In Deutschland unterfallen neben Verstößen gegen das Unionsrecht auch Verstöße gegen nationale strafbewehrte und teilweise sogar bußgeldbewehrte Vorschriften in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes. Lesen Sie weitere Details zum sachlichen Anwendungsbereich des deutschen Gesetzesentwurfs zum Hinweisgeberschutz in unserem Blog-Beitrag.

Geschützte Personen


Das Ö-HinSchG schützt natürliche Personen, die aufgrund beruflicher Verbindung zu einem Rechtsträger des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts Informationen über Verstöße gegen Unionsrecht und das nationale Korruptionsstrafrecht melden. Der persönliche Anwendungsbereich ist dabei dem deutschen Anwendungsbereich nach dem aktuellen Gesetzgebungsstand sehr ähnlich. Hinweisgebende Personen können u.a., Arbeitnehmende, Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte, Freiberufler, Zulieferer, Dienstleister, Geschäftspartner und Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Dies umfasst auch ehemalige und künftige Arbeitnehmer. Im Vergleich zum deutschen Anwendungsbereich geht der österreichische Gesetzgeber noch weiter und schützt auch Personen aus dem Umkreis der hinweisgebenden Person, wie Angehörige und Kollegen, die, ohne die Abgabe des Hinweises zu unterstützen, von nachteiligen Folgen oder Maßnahmen betroffen sein können.

Wovor sind die hinweisgebenden Personen überhaupt geschützt?


Das Ö-HinSchG untersagt die zivil-, straf- oder verwaltungsrechtliche Haftung von hinweisgebenden Personen und untersagt, insbesondere arbeitsrechtliche Folgen und Repressalien wie Suspendierung, Kündigung, Nichtbeförderung, Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags, Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit, negative Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Dienstzeugnisses, Disziplinarmaßnahmen, Rügen oder sonstige Sanktion einschließlich finanzieller Sanktionen, Nötigung, Einschüchterung, Rufschädigung, Erfassen auf „schwarzer Liste“ oder auch psychiatrische Zuweisungen zu ärztlicher Behandlung. Nicht geschützt ist jedoch die Abgabe wissentlich irreführender oder falscher Hinweise.

Anonyme Hinweise auch geschützt


Hinweisgebende Personen können ihre Hinweise auch anonym abgeben. Die verpflichteten Unternehmen sind im Gegensatz zum aktuellen Gesetzgebungsstand des Hinweisgeberschutzgesetzes in Deutschland jedoch nicht zur Entgegennahme und Bearbeitung anonymer Hinweise verpflichtet.

Beweislastumkehr zu Gunsten hinweisgebender Personen


Wie in der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie vorgegeben, gilt auch eine Beweislastumkehr zu Gunsten der hinweisgebenden Person, d.h. der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die gegen die hinweisgebende Person getroffenen Repressalien bzw. Maßnahmen nicht mit der Abgabe des Hinweises in Zusammenhang stehen.

Verpflichtete Unternehmen zur Einrichtung interner Meldestellen


Das Ö-HinSchG verpflichtet – im Einklang mit der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie und dem aktuellen deutschen Gesetzesentwurf – juristische Personen des privaten wie öffentlichen Sektors ab 50 Beschäftigten sowie juristische Personen unabhängig der Beschäftigtenzahl aus den Risikobranchen zur Einrichtung interner Meldestellen; zu den Risikobranchen zählen u.a. Unternehmen aus der Versicherungs- und Finanzbranche.

In der Regel Umsetzung der Plichten 6 Monate nach Inkrafttreten


Das Ö-HinSchG sieht verschiedene Umsetzungsfristen vor. Juristische Personen des Privatsektors mit mehr als 250 Beschäftigten und juristische Personen des öffentlichen Rechts ab 50 Beschäftigten gilt eine Frist von 6 Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (HinSchG). trifft die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen 6 Monate nach Inkrafttreten des Ö-HinSchG. Juristische Personen des Privatsektors mit weniger als 250 Beschäftigten müssen erst bis zum bis 17. Dezember 2023 interne Meldestellen einrichten.

Bestimmung der Beschäftigtenzahl im
Ö-HinSchG praxistauglich definiert


Bei der Bestimmung der Beschäftigtenzahl legt das Ö-HinSchG fest, dass sich die Berechnung auf die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten stützt, die sich aus den drei Monaten des vorangegangenen Kalenderjahres ermitteln lässt, in denen der höchste Beschäftigtenstand gegeben war. Im Gegensatz zum deutschen Gesetzgeber gibt Österreich seinen Unternehmen und dem öffentlichen Dienst somit eine praxistaugliche Anleitung zur Bestimmung der Beschäftigtenzahl an die Hand.

Deutscher Gesetzgeber lässt Verpflichtete bei der Bestimmung der Beschäftigtenzahl allein


Dadurch entfallen Unsicherheiten bei der Frage der Anwendbarkeit des Ö-HinSchG und die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Deutsche Unternehmen sind bei der Bestimmung der Beschäftigtenzahl auf sich gestellt. Denn zur Bestimmung der Beschäftigtenzahl kann sich nur auf die unspezifische Aussage des deutschen Bundesarbeitsgerichts gestützt werden. Danach sollen sich Unternehmen nicht auf einen bestimmten Stichtag stützen, sondern bei der Bestimmung sowohl auf die bisherige personelle Stärke abstellen als auch eine Prognose zur zukünftigen Entwicklung treffen.

Interne vs. externe Meldestellen


Externe Meldestellen, also solche außerhalb der Unternehmen, sind teilweise schon seit längerem eingerichtet, dazu zählen die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), die Geldwäschemeldestelle, die Abschlussprüferaufsichtsbehörde oder die Hinweisgebersysteme der Bundeswettbewerbsbehörde und der Bilanzbuchhaltungsbehörde.

Vorrang interner vor externer Meldestellen


Der österreichische Gesetzgeber bevorzugt jedoch zunächst die Abgabe einer internen Meldung. So besteht die Möglichkeit, dass ein Verstoß zunächst innerhalb des Unternehmens behandelt wird und erst nach einer erfolglosen internen Meldung eine externe Meldestelle verständigt wird.

Arten von Meldekanälen wie nach deutschem Gesetzesentwurf


Betroffene Unternehmen und Organisationen sind dazu verpflichtet, ein internes, sicheres Meldesystem für Hinweisgeber einzurichten, das zudem auch DSGVO-konform ist. Das kann sowohl in Form einer digitalen Software, Telefon-Hotline, E-Mail-Briefkasten oder als Anrufbeantwortersystem umgesetzt werden.

Verfahren bei Eingang eines Hinweises


Nach Eingang einer Meldung muss innerhalb von maximal 7 Tagen eine Bestätigung darüber an die hinweisgebende Person erfolgen. Hinweisgebende Personen sind berechtigt, gegebene Hinweise nach Entgegennahme durch die interne Stelle nachträglich noch zu ergänzen oder zu berichtigen. Alle eingehenden Hinweise und deren Bearbeitung müssen dokumentiert werden. Hinweisgeber haben innerhalb von 14 Tagen den Anspruch auf Zusammenkunft zur Besprechung des Hinweises. Spätestens 3 Monate nach Entgegennahme eines Hinweises muss der Whistleblower umfassend über die Art der Folgemaßnahmen wie z. B. interne Nachforschungen oder Untersuchungen informiert werden oder im Fall, dass die Hinweise nicht weiterverfolgt werden, aus welchen Gründen dies nicht geschieht. Unternehmen und Organisationen müssen leicht zugänglich und verständlich, in der Regel im Rahmen einer internen Policy, über den internen und externen Meldekanal, das Meldesystem sowie die Meldeprozesse informieren.

Übertragung der Aufgaben auf Dritte 


Wie im deutschen Gesetzesentwurf steht es den Verpflichteten nach dem Ö-HinSchG auch offen, die Aufgaben der internen Meldestelle auf Dritte, sog. Ombudspersonen zu übertragen. Lesen Sie mehr zur Übertragung auf Dritte sowie Ombudspersonen in unserem Blog-Beitrag.

Sanktionen


Wer gegen das Ö-HinSchG verstößt, z. B. wer eine Meldung behindert, die Vertraulichkeit verletzt, verbotene Repressalien verhängt oder wissentlich eine Falschmeldung abgibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von bis zu 40.000 Euro bestraft.

Weitere Beiträge zum Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie in unserem Blog.

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