Das Hinweisgeberschutzgesetz – Regelungen im Überblick

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Der Bundestag berät seit dem 29. September 2022 über den Gesetzesentwurf zum Hinweisgeberschutz (HinSchG) (Drs. 20/3442), welcher voraussichtlich Anfang des nächsten Jahres in Kraft treten wird. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 (Whistleblower- bzw. Hinweisgeberschutzrichtlinie) zum Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit beobachtete Verstöße melden. Diese Whistleblower bzw. Hinweisgeber werden vor Repressalien wie Abmahnung, Nichtbeförderung oder Mobbing geschützt. 

UPDATE: Der Bundestag hat am 16. Dezember 2022 nun endlich das lang ersehnte Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beschlossen. Das HinSchG wird drei Monate nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Ausstehend ist noch die Zustimmung des Bundesrats, die voraussichtlich Anfang Februar 2023 erfolgen wird. Zu erwarten ist somit ein Inkrafttreten ab Mai 2023.

Wir verweisen auf unseren Blog-Beitrag zum aktuellen Gesetzgebungsstand zum Hinweisgeberschutzgesetz.

 

Sachlicher Anwendungsbereich – Welche Meldungen sind erfasst?


In den sachlichen Anwendungsbereich des HinSchG fallen neben Verstößen gegen das Unionsrecht (wie beispielsweise öffentliches Auftragswesen, Verkehrssicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz) sowie diesen Regelungsbereichen entsprechende nationale Vorschriften insbesondere Verstöße, die auf nationaler Ebene strafbewehrt sind. Erfasst sind auch bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.

UPDATE: Nach dem vom Bundestag am 16. Dezember 2022 beschlossenen finalen Gesetzgebungsstand wurde der sachliche Anwendungsbereich noch um das EU-Regulierungspaket für Online-Plattformen erweitert. Dieses umfasst den im Herbst 2022 verabschiedeten Digital Markets Act und Digital Services Act der EU. Auch verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamten und Beamtinnen wurden in den sachlichen Anwendungsbereich aufgenommen.

Persönlicher Anwendungsbereich – Wer darf melden?


Meldungen dürfen alle natürlichen Personen abgeben, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach dem HinSchG vorgesehenen Meldestellen melden (Hinweisgeber oder hinweisgebende Personen). Da der persönliche Anwendungsbereich sehr weit ist, sind alle Personen umfasst, die potenziell Kenntnis von einem Verstoß im beruflichen Umfeld erlangt haben können. Hierunter fallen u.a. Arbeitnehmer, Auszubildende, Kunden, Lieferanten, Bewerber, Selbständige, Praktikanten und Organmitglieder von Gesellschaften wie z.B. Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft.

Interne und externe Meldestellen


Der Hinweisgeber hat die freie Wahl, eine Meldung entweder einer im Unternehmen bzw. in der Organisation bestehenden internen Meldestelle oder einer externen Meldestelle mitzuteilen. Der Gesetzesentwurf verpflichtet juristische Personen des privaten und öffentlichen Sektors, interne Meldekanäle für die Mitteilung von Verstößen einzurichten.

UPDATE: Nach dem finalen Gesetzgebungsstand wird internen Meldestellen ein besonderer Vorrang eingeräumt. Unternehmen sollen Anreize dafür schaffen, dass sich hinweisgebende Personen vor einer Meldung an eine externe Stelle zunächst an die jeweilige interne Meldestelle wenden.

Wer ist betroffen, und wen treffen die neuen Pflichten?


Die vorgenannte Frist trifft juristische Personen des privaten und des öffentlichen Sektors mit mindestens 50 Beschäftigten. Zudem sind Unternehmen bestimmter Branchen (z.B. aus der Finanz- und Versicherungsbranche, aber auch börsennotierte Unternehmen, Immobilienmakler und zahlreiche weitere Unternehmen) verpflichtet, eine interne Meldestelle unabhängig ihrer Beschäftigtenzahl einzurichten. Eine zentrale externe Meldestelle soll beim Bundesamt für Justiz eingerichtet sowie bestehende Meldestellen z.B. bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten geführt werden.

Schonfrist betreffend die Einrichtung der internen Meldestelle für juristische Personen des privaten Sektors mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten.

Vertraulichkeitsgebot


Die Meldestellen müssen die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers sowie der Personen, die Gegenstand der Meldung sind, wahren, d.h. die Identität darf grundsätzlich nur dem zuständigen Bearbeiter bekannt sein. Nur in Ausnahmefällen darf die Identität herausgegeben werden, z.B. in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden. Die die Meldung bearbeitenden Personen müssen zudem unabhängig und frei von Interessenkonflikten sein.

Anonyme Meldungen


Nach dem Gesetzesentwurf sind weder interne noch externe Meldestellen verpflichtet, anonyme Meldungen zu bearbeiten. Der Gesetzesentwurf enthält lediglich eine Soll-Vorschrift, wonach die internen Meldestellen auch anonyme Meldungen bearbeiten sollen, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet wird.

UPDATE: Nach dem finalen Gesetzgebungsstand müssen interne und externe Meldestellen anonyme Meldungen nun verpflichtend bearbeiten. Hierfür müssen die Meldestellen entsprechende Maßnahmen treffen, um die Möglichkeit einer anonymen Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle zu gewährleisten. Die Pflicht hinsichtlich anonymer Meldungen greifen nach der Übergangsvorschrift jedoch erst ab 01. Januar 2025, sodass Unternehmen Zeit haben, Ihre Hinweisgeberschutzsysteme entsprechend zu überarbeiten.

Schutz vor Repressalien


Hinweisgeber werden vor Repressalien geschützt, die diese Person infolge einer Meldung erleidet. Hierzu zählen u.a., Kündigung, Abmahnung, Nichtbeförderung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung oder Mobbing

Beweislastumkehr


Der Gesetzesentwurf enthält eine Beweislastumkehr zugunsten des Hinweisgebers, wonach zu dessen Gunsten vermutet wird, dass z.B. eine Kündigung in Folge seiner Meldung ausgesprochen wurde. Der Arbeitgeber muss somit nachweisen, dass zwischen einer Kündigung eines Mitarbeiters und der Meldung kein Zusammenhang besteht.

Datenschutz: Löschpflicht nach zwei Jahren


Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Dokumentation zu einer Meldung grundsätzlich zwei Jahre nach Abschluss des Verfahrens gelöscht wird.

UPDATE: Nach dem finalen Gesetzgebungsstand besteht nun eine Löschpflicht nach drei Jahren.

Schadensersatzansprüche


Auf der einen Seite ist der Hinweisgeber bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot der daraus entstehende Schaden zu ersetzen. Auf der anderen Seite ist im Falle einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung der Hinweisgeber zur Erstattung des dadurch eingetretenen Schadens verpflichtet.

UPDATE: Hinweisgebende Personen können nach dem finalen Gesetzgebungsstand nun neben Vermögensschäden auch immaterielle Schäden, z.B. in Fällen von Mobbing, Diskriminierung, geltend machen.

Sanktionen


Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG sollen als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern geahndet werden, z. B. für das Behindern von Meldungen, Ergreifen von Repressalien sowie das wissentliche Offenlegen unrichtiger Informationen. Bereits die Nichteinführung interner Meldestellen kann ein Bußgeld in Höhe von 20.000,- Euro zur Folge haben, das auch mehrmals fällig werden kann.

Weitere Beiträge zum Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie in unserem Blog.

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